Er hat zu einer Zeit gelebt, als die Landwirtschaft noch in viele Besitztümer aufgeteilt war. Wenige besaßen bis zu 200 Hektar Land, selten war ein Besitz 500 Hektar groß, viele hingegen hatten Land um 50 oder 100 Hektar. Aber es gab auch gebiete wie jenes um Asolo, wo 7.000 der 40.000 Besitzer der Provinz Treviso wohnten. Diese kultivierten im Durchschnitt je 3 Hektar. Diese Fraktionen nannte man Chiusure, die von einer Familie (durch eine Heirat, wie man zu sagen pflegte) bewirtschaftet wurden. Die Arbeiten wurden alle manuell gemacht, woher auch die Bezeichnung bracciante (Landarbeiter) stammt.
Die Gutshöfe hatten mehr Land, um die 10- 25 Hektar, die von mehreren Familien bearbeitet wurden. Vianello und Carpenè schrieben: „Wir glauben, dass diese agrarische Teilung des Bodens eine natürliche Folge der Zucht von Maulbeerbäumen und Reben ist, die viele Hände und genaue Sorgfalt erfordern. Ein Aufwand, der nur schwer zu bewältigen wäre, wenn die Gutshöfe und die Chiusure eine größere Fläche umfassen würden.“
Unabhängig vom Pachtvertrag arbeiteten die Bauern von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang mit zwei Pausen, eine halbstündige am Vormittag und eine eineinhalbstündige zu Mittag. Die Bauern waren an einem guten Ergebnis des Anbaus durchaus interessiert, da sie zur Hälfte bzw. zumindest zu einem Drittel am Ertrag beteiligt waren.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Armut dieser Welt für diejenigen, die bäuerliche Wurzeln hatten, eine Schande geworden, die man zu vergessen versuchte und die sich in Unterwürfigkeit gegenüber den wohlhabenderen Klassen zeigte. Viele der Handwerke und Arbeiter, die als „halb Mechaniker und halb Bauern“ verspottet wurden, verbrachten ihre Zeit zwischen Läden, Werkstätten und Äckern, sowie ihrem eignen Wäldchen und eigenen Kühen. Nach Jahren härtester Arbeit, als sie sich schließlich nach enormen Opfern wirtschaftlich etabliert und ihre Vergangenheit überwunden hatten, haben sie ihre Ursprünge vergessen.
Schließlich haben sie gedacht, dass die Welt mit industrieller Prägung neu zu schaffen wäre. Dabei haben sie vergessen, dass das Land, das der Industrie geopfert wurde, der Landwirtschaft entzogen wurde. Aber glücklicherweise ist die Kultur, wie ein Fluidum, immer in Bewegung und das Leben, das nur als armselig betrachtet wurde, erfährt eine positive Aufwertung. Es werden die Werte einer Tradition, eines Erbes neu entdeckt, das seit Generationen gesammelt wurde. Es waren Gesellschaften, die vielleicht des Lesens und Schreibens nicht mächtig waren, aber dennoch eine Intelligenz entwickelt hatten, die bestmöglich die Ressourcen, vor allem im Bereich der Ernährung zu nützen und optimieren verstand. Die einfachen Gerichte wurden in den Frühlingsmonaten mit Wildkräutern bereichert, die heute von der Wissenschaft als besonders nahrhaft gelten. Getreide wurden mit Hülsenfrüchten kombiniert.
Das Keltern von Wein wurde zur durchdachten Alchemie, als Ergebnis tausendjähriger Beobachtungen der Mondeinflüsse. Das Holz für Fässer, Bottiche, Eimer, Kerzenhalter, große und kleine Trichter und Ösfässer wurde bei gutem Mond gefällt, um zu vermeiden, dass es von Holzwürmern zerfressen wurde.
Nicht nur die Bauern, sondern auch die neuen Generationen der Unternehmer, die sich bereits mit ihren Vätern von der Landwirtschaft gelöst haben, fühlen sich von dieser armen, aufs Wesentliche reduzierten Welt angezogen und fasziniert. Diese wurde von Menschen geschaffen, die auf der ganzen Welt wegen ihrer Stärke und Robustheit, aber auch aufgrund ihres guten Charakters, ihrer Folgsamkeit, die sie von jedem Protest fernhielt, wie alle Regierungen der Welt bemerkten, bewundert wurden.
Es waren Menschen, die aufgrund ihres friedlichen Charakters Osterien im Allgemeinen mieden, insbesondere jene, die abgelegen waren und von wenig vertrauenserweckenden oder aufgrund ihres dekadenten Lebens böse gewordenen Menschen frequentiert wurden. Von Gästen, die manchmal rauflustig wurden, weil sie ein paar Gläschen zu viel tranken, weil das „erste Glas gegen den Durst hilft, das zweite für gute Laune sorgt, das dritte der Freude dient, dem vierten die Trunkenheit folgt, dem fünften der Zorn, dem sechsten der Streit, dem siebenten die Raserei, dem achten der Schlaf, dem neunten die Krankheit“ wie dies der Lucio Apuleio aus Madaura versicherte.
In Erinnerung an die Traditionen wollte man einige Rebstockreihen anbauen oder zumindest eine schöne Pergola oberhalb der Haustüre haben, um Früchte für den Wein zu haben, der für das häusliche Ritual und die freundschaftlichen Gepflogenheiten notwendig war. Weil es schön war und man stolz darauf war, die Freunde in die eigene Hauskantine zu bringen, in den Nordteil des Hauses, jenen der der Kälte des Nordwindes ausgesetzt war, entfernt von den menschlichen Tätigkeiten und Tieren, die den kostbaren Wein durch Gerüche und Lärm stören konnten.
In den Weinkeller stieg man gewöhnlich über ein paar Stufen hinab und stieß sofort auf Bottiche, Tröge, Bütten, einige Fässer, die vielleicht aus dem Holz des Maulbeerbaumes waren. Die Weißweinfässer waren kleiner, während die Rotweinfässer weniger lang, dafür gedrungener waren, einerseits weil man sie öfter beim Umfüllen mit der einer speziellen Kette verschieben musste, aber wahrscheinlich auch, weil die Familie vor - zugsweise diesen Wein trank.
Die Fässer für den schwarzen Wein waren meistens aus Kastanienholz, da dies leichter war und laut einigen Produzenten den Wein in Vergleich zu anderen Hölzern verbesserte. Darin gelagert wurden die schwarzen Wei - ne aus den Recandine-Trauben, mehr als eine Rebsorte eine Traubenart, die sehr far - bintensiv ist, wie der Raboso del Piave. Und schließlich sah man unter oder hinter den Fässern Flaschen, vor allem mit Schaumwein, der „zum Zeitpunkt des Entkorkens, aufgrund der Anstrengungen, die man aufbringt, um seine Heftigkeit einzubremsen, knallt, her - ausspritzt, entflieht, alles nass macht; Frau - en kreischen, Kinder weinen vor Angst, und all dieses Aufsehen endet darin, den Mund mit einem Schluck Schaum zu beschmutzen“, wie dies der Arzt und Poet Giovanni Rajber - ti im Jahr 1851 schrieb.
Die Zufriedenheit des neuindustriellen Hausherrn und nicht mehr des jungen Bauernsohnes ist jene, den Freunden ein Glas seines Proseccos anzubie - ten. Jener Wein, der mit so viel Liebe in seiner Hauskantine erzeugt wird, nach traditionel - len Methoden, die dem Bauern noch aus sei - nen Kindheitserinnerungen vertraut sind und der sich nun mit seiner strohgelben Farbe in dem Glas befand und durch einige Gasperlen langsam bewegt wurde. Die Freude an diesen kleinen Erfolgen und an den kleinen, von ihm erzeugten Wundern der Natur lässt ihn die vielen alltäglichen Sorgen vergessen.
Das Schöne an diesem Wein ist, dass er nicht nur von raffiniertern Kennern getrunken wird, die normalerweise nur den Gaumen benetzen, der häufig von mächtigen und al - koholhaltigen Weinen gesättigt ist, sondern und vor allem auch von richtigen Trinkern, das heißt jenen, denen dieser leicht säuerli - che Geschmack, die Würze, der mäßige Alko - holgehalt die Möglichkeit gibt, ein oder zwei Glas zu trinken, vielleicht eine kleine Pause zur persönlichen Erleichterung einzulegen... um dann das letzte Glas zu trinken, jenes, das voll mit Versprechungen Freundschaften stärkt.