Die Produktion
Wenn der Sommer dem Ende zu geht, die Tage noch sehr heiß sind, aber die Klarheit des Himmels und die Frische der Nächte den Weingärten und den Menschen gleichzeitig Energie und Erfrischung schenken, kommt der Zeitpunkt der Weinlese. Ein Ritual, das sich seit Jahrzehnten von Generationen auf unseren Hügeln wiederholt, so wie der Sonnenaufgang dem Sonnenuntergang folgt.
Die Rhythmen und die Arten sind jene von jeher, wie dies Giacomo Agostinetti, Jahrgang 1597, mit noch heute gültigen Worten beschrieb: „Die Trauben sind von bester Qualität, richtig reif und in den Colli Aprichi an schönen Tagen geerntet, die Beeren werden mit Hilfe eines Netzes abgestielt und die unreifen Trauben werden aussortiert. Daraus entsteht ein wunderbarer Saft und daraus ein lieblicher Wein, der sich lange gesund und hervorragend lagern lässt ... “
Zudem behauptete Agostinetti, dass die wei- ßen Trauben dann geerntet werden müssen, wenn sie von weiß gelb bzw. rot werden, wie die Rebsorte Coda della Volpe, bei der es sich um die „Pecol Fiappo“ handelt, und wenn man mit ihr hantiert der Saft auf den Fingern klebt. Damit das passiert, müssen seiner Meinung nach die Trauben Reif und Tau abbekommen, damit sie sich konzentrieren und wenn die eine oder andere Beere nicht perfekt sein sollte, wird sie auf diese Weise runzelig und nicht gepresst.
Dies erinnert an die Erzählungen unserer Großeltern, als sie uns sagten: „ dass der Prosecco dann geerntet wird, wenn es kalt ist und dass oft gelesen wurde, als die Gipfel unserer Berge mit Schnee bedeckt waren.“ Die Prosecco-Trauben werden Anfang Oktober bei erster Herbstkälte geerntet.
Dies war ein großes Glück und eine große Hilfe, um eine gesunde Gärung zu bekommen. Aber an einem gewissen Punkt sorgten die Herbstkälte und der Mangel an Fermenten, die für diese Rebsorte charakteristisch sind, dafür dass die Gärung anhielt und ein Restzucker im Wein blieb. Dieses Problem wurde zu einem wertvollen Vorteil, weil der Wein im Frühjahr, wenn auch mit Mühe, die Fermentation wieder aufnahm und dem Wein zu 10- 11 Volumsprozent Alkohol, mit mehr als 6,5 Gramm/Liter Säure, aber .... perlend verhalf! Die Weinlese ist ein religiös anmutendes Ritual, ein befreiendes Fest, bei dem die Mühen und Sorgen eines ganzen Jahres schließlich ihr Ende haben. Alle wollen daran teilnehmen: Verwandte, Freunde und die Freunde der Freunde.
Alle wollen die goldfarbenen Trauben ernten, den ersten Nektar kosten, der aus den Bottichen fließt. Fast so, als würde ein unbekannter, archaischer Sinn an das Gehirn Informationen übermitteln, damit man diese Flüssigkeit nutze, die sich wie Milch in den Spuren sammelt und so zu einer unglaubliche Quelle an Vitaminen, Salzen, Antioxidantien und Energie wird. Ein richtiger reinigender Nektar.
Sobald die Zeit der Lese kam, fanden sich Männer und Frauen mit Weidenkörben zur Ernte ein. Die Trauben wurden mit den Hippen geschnitten oder dort wo die Trauben schön reif waren, auch einfach von Hand geerntet. Mit Körben oder an den schwierigen Stellen des Hügels mit Weidetragen wurden die Trauben in das Herrschaftshaus gebracht, wo sie in ein oder mehrere Bütten geleert wurden. Üblich war es die Traubenkämme zu entfernen.
Zu diesem Zweck wurde über der Bütte, in die die Trauben gelangen sollte, ein Netz gelegt, auf das die Trauben geschüttet wurden. Dann bewegten zwei Weinbauern mit den Rechen solange die Traubenkämme bis sich die Beeren lösen. Anschließend wurden die Beeren mit nackten Füssen gestampft, wobei der Ertrag des Mostes perfekt für die Qualität des Prosecco war: 62%.
Während des Pressens trat der Most aus einem Loch am Boden des Bottichs aus, das als candola bezeichnet wird. Der Most wurde in einem Behälter, der sogenannten ormella, aufgefangen. Von hier gelang er mit einem verzinnten Kupferkessel in die Bütten, die dann mit Hilfe eines Trichters, lora genannt, in ein Fass geschüttet wurden. Nach der Gärung wurden die Nachfüllungen im ersten Monat vorgenommen, dann erfolgte der erste Abstich am Martinitag oder im Dezember. Dann wurde bis März nichts gemacht, bis der zweite Abstich erfolgte.
Natürlich wurden die Abstiche erst dann gemacht, wenn der Tag schön und der Mond abnehmend war. Schließlich kam der Augenblick der Abfüllung. Die Flaschen wurden zuerst mit heißem, dann mit gesäuertem Wasser gewaschen und mit Rosshaar gebürstetet und dann mit kaltem Wasser nachgespült. Anschließend ließ man sie abtropfen. Vor dem Anfüllen werden sie nochmals – allerdings mit demselben Wein, mit dem Sie angefüllt wurden - gespült.
Am Ende wurden sie mit Korken aus Spanien verschlossen, die zuerst in Wasser aufgekocht und dann noch im warmen Zustand mit Wein gewaschen wurden. Die Abfüllung erfolgte an schönen, kühlen Tagen, wenn der Nordwind bläst. Wenn wir uns diese antike Methode zur Produktion und Konservierung von Wein genauer ansehen und sie mit der derzeitigen vergleichen, lassen sich sehr viele Analogien erkennen. Man könnte sagen, dass wir jetzt den Wein so produzieren, wie man dies seit jeher schon gemacht hat, nämlich ganz traditionell.
Die moderne Önologie, so wie sie seit den 1980er Jahren Anwendung findet, bedient sich künstlich produzierter Kälte, der sanften Pressung der Trauben, der Gä- rung des Mostes sowie der Konservierung des Weines bei kontrollierten Temperaturen. Ist es vielleicht das Wiederholen mit modernen Maschinen, natürlich in größeren Mengen, von dem was man früher dem Jahreskreis folgend und die Trauben mit den Füßen stampfend produziert hat? Die wirklich gro- ße Neuheit war die Gärung, die heute nicht mehr in der Flasche (Champenoise-Methode) sondern im Drucktank passiert. Seit 1960 hat diese Methode der Schaumweinherstellung im Prosecco ideale Voraussetzungen für die Entwicklung, den Ausbau und die technologische Entwicklung gefunden